Dienstag, 27. März 2018

Pressemitteilung zur Kundgebung des Augsburger Flüchtlingsrates am 26.03.2018


Für ein solidarisches Miteinander – Gegen Abschiebungen in Krieg und Perspektivlosigkeit



Heute am 26.3.2018 findet die 11. Sammelschiebung nach Afghanistan statt. Der Flug startet vom Flughafen Halle / Leipzig. Mindestens ein Geflüchteter aus Bayern befand sich in Abschiebehaft. Insgesamt wurden in den vergangenen Flügen nach Afghanistan seit Dezember 2018 188 Menschen nach Kabul abgeschoben.

Der Augsburger Flüchtlingsrat hat daher zu einer Kundgebung am Königsplatz um 18.00 Uhr aufgerufen. Insgesamt nahmen 120 Menschen teil, um ein Zeichen für ein „Solidarisches Miteinander und gegen Abschiebungen in Krieg und Perspektivlosigkeit“ zu setzen.

In den differenzierten Redebeiträgen machte zunächst die Pfarrerin Kapp-Kleineidam deutlich, welche drastischen Auswirkungen die bereits durchgeführten Abschiebungen auf Geflüchtete aus Afghanistan haben. Sie berichtete sowohl von unzähligen Suizidversuchen, als auch von geglückten Selbstmorden in verschiedenen bayerischen Unterkünften. Erst Anfang des Jahres hatte sich ein junger Afghane aus dem Fenster seiner Unterkunft gestürzt, als er von einem weiteren geplanten Abschiebeflug hörte. Darüber hinaus machte Frau Kapp-Kleineidam auf die Resolution des Augsburger Flüchtlingsrates aufmerksam, die im Stadtrat eingebracht werden soll. Wie bereits München, Würzburg und Bamberg soll der Stadtrat sich mit einer Unterzeichnung gegen Abschiebungen nach Afghanistan von Geflüchteten aus Augsburg aussprechen und für die Integration aller Geflüchteten, die sich im laufenden Asyllverfahren sind einsetzten.
Nuria Garcia vom Augsburger Flüchtlingsrat sprach in ihrer Rede über die aktuelle, prekäre Sicherheitslage in Afghanistan. Nahezu täglich erreichen uns schockierende Nachrichten über Anschläge und kriegerische Auseinandersetzungen, die viele Menschen ihr Leben kosten. Die Abschiebungen nach Kabul sind das tragischsten Beispiele für die herzlose und unvernünftige Migrationspolitik Bayerns, Deutschlands und der Europäischen Union. Afghanistan ist nach wie vor nicht sicher. Selbst das Auswärtige Amt warnt dringend vor Reisen nach Afghanistan. Es ist unmenschlich rechtmäßig Abschiebungen dorthin durchzuführen.
Simon Goebel vom Augsburger Flüchtlingsrat machte in seinem Redebeitrag auf die menschenfeindlichen Pläne der Bundesregierung aufmerksam. In den sogenannten ANkER – Zentren, also „Zentrale Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“ sollen Menschen bis zu ihrer Ausreise kaserniert werden. Die Verfasser*innen dieses Konzepts mitsamt seiner zynischen Abkürzung gehen offenbar über Leichen. Kurzum: Inmitten deutscher Städte und Landkreise entstehen Räume der totalen Exklusion.“

Keine der Abschiebungen nach Afghanistan ist gerechtfertigt! Der Augsburger Flüchtlingsrat wird die Abschiebungen nach Afghanistan nicht stillschweigend hinnehmen, genauso wenig wie das Sterben an den Außengrenzen von Europa. Wir wollen zeigen, dass wir für eine solidarische Migrationspolitik sind.


Freitag, 23. März 2018

Kundgebungsaufruf: Gegen Abschiebungen in Krieg und Perspektivlosigkeit *** 26.03.2018***18.00***Kö

Am kommenden Montag startet wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan. Bayern wird sich wieder daran beteiligen und alles daran setzen, möglichst viele Afghanen nach Kabul abzuschieben. Gleichzeitig erreichen uns aus Afghanistan nahezu täglich schockierende Nachrichten über Anschläge und kriegerische Auseinandersetzungen, die viele Menschen ihr Leben kosten. Begonnen wurden die Abschiebeflüge im Dezember 2016, seither startet fast jeden Monat einer dieser Flüge nach Kabul.
Sie sind die wohl tragischsten Beispiele für die herzlose und unvernünftige Migrationspolitik Bayerns, Deutschlands und der Europäischen Union.
Eine Politik, die die jahrzehntelang entwickelte Expertise von Fachkräften und WissenschaftlerInnen genauso außer acht lässt, wie den Ruf von tausenden UnterstützerInnen Geflüchteter. Stattdessen betreibt sie Ausgrenzung und nimmt den Tod von Abgeschobenen und derjenigen Menschen billigend in Kauf, die sich auf den Weg nach Europa befinden.
Wir rufen dazu auf, mit uns zu zeigen, dass wir auch diesen Abschiebeflug nicht schweigend hinnehmen, genauso wenig wie wir das Sterben an den Außengrenzen Europas hinnehmen wollen.
Wir wollen zeigen, dass wir für eine solidarische Migrationspolitik sind!

Aufruf zur Kundgebung
Für ein solidarisches Miteinander – Gegen Abschiebungen in Krieg und Perspektivlosigkeit
Montag, 26.03.2018, 18.00 Uhr, Königsplatz (Manzu-Brunnen)

Kommt zahlreich! Verteilt den Aufruf! Teilt die Veranstaltung auf Facebook und anderswo!

Viele Grüße
FlüRa

Dienstag, 20. März 2018

Am Mittwoch, den 14. März, kam es in der EA Donauwörth zu massiver Polizeigewalt und mindestens 29 Inhaftierungen infolge von Protesten gegen eine versuchte Abschiebung. In Solidarität mit den Geflüchteten in Donauwörth und allen anderen Lagern veröffentlicht der Augsburger Flüchtlingsrat nachfolgenden deren Stellungsnahme.

 

Stellungnahme zur Polizeigewalt in der Erstaufnahmeeinrichtung in Donauwörth am 14. März 2018


Wir, die Geflüchteten von Donauwörth fordern, dass die haltlosen Behauptungen, wir seien gewalttätig gegenüber der Polizei gewesen sowie wir hätten Möbel aus dem Fenster geworfen, sofort zurückgezogen werden. Die Polizei kam, um einen unserer Kollegen abzuholen und klopfte dafür zwischen 3 bis 4 Uhr morgens an all unsere Zimmertüren, da sie ihn in seinem nicht auffinden konnten. Rund 100 Menschen verschiedener Nationalitäten wachten auf und forderten mit ihrer Stimme die sofortige Beendigung der Abschiebung. Um ca. 14 Uhr kamen über 50 Polizeiwägen und über 200 Spezialeinheiten, bewaffnet mit Pistolen, Tränengas, Schlagstöcke, Messern, Seilen, Gewehren, Hunden und Pfefferspray. Sie sperrten uns in unsere Zimmer ein und verriegelten den Haupteingang. Überall im Haus blockierten sie die Wege, währenddessen sie unsere Personalien kontrollierten und die Zimmer duchsuchten. Sie fahndeten nach mind. 29 Personen mittels einer Namensliste, welche am morgen unter Hilfestellung der SozialarbeiterInnen und Securities erstellt wurde. Sie warfen Tränengasbomben in das Lager und sprühten zum Teil Pfefferspray in die Zimmer sowie in unsere Augen. Einige Menschen vielen in Ohnmacht, andere sprangen aus den Fenstern, um sich selbst zu retten. Hierbei mussten Glasscheiben zerbrochen werden, um Luft zum Atmen zu erhalten. Die Fenster in der EA sind alle verriegelt.

Die Forderungen unserer vergangenen Proteste waren und bleiben die Anerkennung unserer Asylanträge, die Schließung der Transitlager oder der Transfer in private Wohnungen, sowie das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe. Desweiteren fordern wir die Freilassung der Festgenommenen.



Für weitere Informationen:
https://solidarityandresistance.noblogs.org/post/2018/03/18/pressemitteilung-stellungnahme-zur-polizeigewalt-in-der-erstaufnahmeeinrichtung-in-donauworth-am-14-marz-2018/

For more informations:
https://solidarityandresistance.noblogs.org/post/2018/03/18/statement-by-the-refugees-of-donauworth-on-the-police-brutality-in-the-reception-camp-on-the-14th-of-march-2018/

Freitag, 9. März 2018

„AnkER“ und Heimat: Menschenfeindliche Pläne der neuen Bundesregierung



„AnkER“ und Heimat: Menschenfeindliche Pläne der neuen Bundesregierung


Schiffe sind immer unterwegs, sie rasten nur kurz, um Waren oder Menschen abzuliefern, andere aufzunehmen und weiter zu transportieren. Ein Schiff, das an einem Ort vor Anker geht, wird diesen Ort auch wieder verlassen. Die im Koalitionsvertrag geplanten „AnkER“, also „zentrale Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“, verfolgen eben dieses Ziel. „BAMF, BA, Jugendämter, Justiz, Ausländerbehörden und andere“ sollen dort „Hand in Hand arbeiten“,[1] nicht nur, um die Verfahren zu beschleunigen, sondern um Menschen dort bis zu ihrer Ausreise zu kasernieren. Bis zu 18 Monate sollen Menschen dort untergebracht werden (Kinder/Familien sechs Monate).[2] Die angegebene Höchstdauer könnte aufgrund der Soll-Bestimmung aber auch überschritten werden. Diese Maßnahme zielt offensichtlich auf die Zermürbung von Menschen, deren Asylverfahren lange dauern, deren Asylantrag abgelehnt wurde oder deren bereits bestehender Aufenthaltstitel wieder aberkannt wurde – beispielsweise, weil sich im Herkunftsland die Situation verbesserte.

Menschen, die in Deutschland vor Anker gehen, die einen Asylantrag stellen, sollen in diesem Land nur temporär bleiben. Die Symbolik impliziert nicht nur ihr Ankommen in einem vermeintlich sicheren Hafen, sie beinhaltet ebenso das Verlassen. Die Verfasser*innen dieses Konzepts mitsamt seiner zynischen Abkürzung gehen offenbar über Leichen. Denn auch ein Schiff, das vor Anker liegt, kann sinken. Dies lässt sich in den Prototypen dieser Lager in Bayern beobachten.
In Bayern wurden bereits entsprechende Lager eingerichtet, teilweise sind sie noch im Aufbau. Dort heißen sie „Transitzentrum“ wie in Manching/Ingolstadt, Regensburg und Deggendorf, „Zentrale Aufnahmeeinrichtung“ wie in Zirndorf bei Nürnberg, „Besondere Aufnahmeeinrichtung“ wie in Bamberg sowie schlicht „Aufnahmeeinrichtung“ wie in Schweinfurt, Donauwörth und weiteren Städten. Diese Lager sollen eine Gesamtkapazität von 17.745 Menschen erreichen. Zum Stand 18.10.2017 lebten dort 6.189 Menschen. In den einzelnen Lagern werden also mindestens hunderte, teilweise auch tausende Menschen kaserniert.[3]

Die bestehende bayerische Regelung, wonach die Menschen dort bis zu 24 Monate untergebracht werden, wird im Koalitionsvertrag explizit weiterhin ermöglicht. Während der Unterbringung in den Lagern besteht ein generelles Arbeitsverbot. Die dort Untergebrachten dürfen die Stadt oder den Landkreis, in dem sich das Lager befindet, nicht verlassen. Schulpflichtige Kinder und Jugendliche dürfen häufig keine Regelschulen besuchen und müssen stattdessen in nicht vergleichbarem Unterricht in den Lagern lernen. Die ärztliche Versorgung ist rudimentär.[4] Kurzum: Inmitten deutscher Städte und Landkreise entstehen Räume der totalen Exklusion.

Was wird in den Lagern passieren? Bei wie vielen wird Frustration in Aggression umschlagen? Wie viele werden ihre Aggression gegen sich selbst richten?[5] Wie viele nach außen? Welche medialen Bilder werden die in Massen kasernierten Menschen erzeugen? Welche Bilder werden wir sehen, wenn einer ausrastet? Oder mehrere? Wie wird der ahnungslose „besorgte Bürger“ reagieren?
Ist das die Vorstellung von Heimat, die künftig im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums bearbeitet werden soll? Die Gleichzeitigkeit der Repressionen gegen Geflüchtete und die Einberufung eines „Heimatministeriums“ verdeutlicht auf bitterste Weise die Dominanz eines völkisch-nationalistischen Denkens in Teilen der Bundesregierung. Heimat wird zu einem exklusiven Recht für Staatsbürger_innen. Aber Heimat ist ein Gefühl, sie ist nicht definierbar. Sie behauptet die Verbundenheit eines Menschen mit einem Ort. Wer maßt sich an, darüber zu bestimmen, welcher Mensch sich mit welchem Ort verbunden fühlt?

Das Innenministerium unter Seehofer wird Asylpolitik weiterhin und noch verstärkt unter dem Kredo „Flüchtlinge sind eine Bedrohung“ sicherheitspolitisch bearbeiten und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass niemand auf die Idee kommt, Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen, könnten in irgendeiner Weise zugehörig sein oder werden und sich mit einem Ort in Deutschland verbunden fühlen. Sollten die Pläne der Bundesregierung umgesetzt werden, werden Menschen weiterhin ethnisch-national selektiert und noch verstärkt desintegriert, kriminalisiert, entmündigt und abgelehnt.


[1] Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD: Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, 07.02.2018, online: https://www.ndr.de/nachrichten/koalitionsvertrag228.pdf [13.02.2018], S. 108.
[2] Ebd.
[3] Bayerischer Landtag, Drucksache 17/17526, 18.10.2017, online: https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/17_0017526.pdf [13.02.2018].
[4] Bayerischer Flüchtlingsrat: Die Situation in den Lagern, online: http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/are-bamberg.html [13.02.2018].
[5] 2016 haben vier Asylsuchende in Bayern Suizid begangen, 162 haben es versucht. Vgl. ZDF: heute+, 08.02.2018, 0:06:21-0:09:42, online: https://www.zdf.de/nachrichten/heute-plus/180208-hplus-gesamt-100.html [13.02.2018].