Donnerstag, 27. Juni 2019

Kein Lager! Nirgends! FlüRa-PM vom 28.06.2019


Pressemitteilung des Augsburger Flüchtlingsrats vom 28.06.2019

(K)ein Ankerzentrum in Schwaben? - Protestperformance und neueste politische Entwicklungen


Rückschritt zur Verbesserung
Seit langem ist klar, dass das Ankerzentrum in Donauwörth zum Jahreswechsel geschlossen wird.
Das viele Spekulieren über einen vermeintlich neuen Standort des Ankerzentrums, dass keiner haben möchte, hat seit vergangenem Mittwoch (26.06.2019) ein überraschendes Ende gefunden. Seither steht fest: Das von Horst Seehofer vorgesehene zentrale Lager für Schwaben, wird es in seiner ursprünglich angedachten Form nicht mehr geben.
Stattdessen wird in Augsburg ein Behördenzentrum eingerichtet, worin alle relevanten Ämter und Institutionen untergebracht werden sollen. Für die Unterbringung der Geflüchteten plant die Regierung von Schwaben deutlich kleinere Einheiten, die für Augsburg, Neu-Ulm, Mering und Kempten vorgesehen sind. Damit kehrt man zumindest zu einer Art von dezentraler Unterbringung zurück, die bisher in Augsburg gute Tradition hatte. Der Augsburger Flüchtlingsrat begrüßt grundsätzlich diesen Rückschritt weg von der Massenunterbringung, obgleich in keiner Weise davon auszugehen ist, dass das Zurückrudern zur Form der dezentralen Verteilung etwas mit einer Einsicht für eine misslungene und menschenverachtende Abschreckungspolitik zu tun hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der neue Kurs der beharrlichen Ablehnung der Kommunen, sich als Standort für ein Ankerlager zur Verfügung zu stellen, zu verdanken ist.

System Anker-Zentrum
Das von Horst Seehofer entworfene System der Ankerzentren hat nirgends gute Dienste geleistet. Es nützt den Kommunen nicht, die mit Massenlagern und daraus resultierenden Sicherheitsfragen umgehen müssen, und es schadet den Menschen, die teils über Jahre der persönlichen Autonomie und Privatsphäre beraubt werden. Ankerzentren verhindern die Integration und Teilhabe von Geflohenen, und befeuern Ressentiments und Vorurteile innerhalb der Gesellschaft. Diese Aspekte des Systems sind weiterhin in Gesetze gegossen und werden durch neue Gesetze noch verschärft. Trotz der Unterbringung in kleineren Einheiten, ist bzgl. der Abschottung keinerlei Verbesserung zu erwarten.  Erst kürzlich hat der Bundestag das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ verabschiedet, das Pro Asyl und andere Organisationen treffender als Hau-Ab-Gesetz bezeichnen. Darin sind u.a. menschenunwürdige Regelungen zur Abschiebehaft, die Kürzung von Sozialleistungen auf Null und eine „Duldung Light“ vorgesehen. Wir betrachten die neuesten Entwicklungen mit großer Sorge, und befürchten, dass die Mechanismen der Ausgrenzung von Geflüchteten, insbesondere von Menschen aus so genannten „sicheren Herkunftsländern“ oder von der Dublin Regelung Betroffene, in Zukunft mit einer noch härteren Linie, greifen werden.

Wir fordern nach wie vor: Kein Lager! Nirgends!
Es ist eine gute Nachricht, dass es in Augsburg kein Massenlager geben wird. Dennoch existieren die Ankerzentren andernorts weiter. Manching! Bamberg! Regensburg! Deggendorf!
Jedes dieser Ankerzentren ist eines zu viel. Wir fordern eine menschenwürdige Teilhabe ermöglichende Unterbringung von Geflüchteten ohne Stacheldraht und Ausgrenzung.
Aus diesem Grund werden wir am heutigen Freitag, den 28.06.2019 eine Protestperformance durchführen. Damit protestieren wir nicht nur gegen Massenlager, sondern gegen alle Formen der Ausgrenzung und Entrechtung der Geflüchteten.



Freitag, 7. Juni 2019

FlüRa lädt ein: Vortrag und Workshop "Beraubt und vertrieben - Landgrabbing als Fluchtursache"


"Beraubt und vertrieben - Landgrabbing als Fluchtursache"

06.07.2019, 14.00, Provino Club




Das Netzwerk Solidarische Stadt veranstaltet am Wochenende vom 05.07.07.2019 im Provino Club Meins? Die Eigentumskonferenz - 2. Festival der Solidarität
FlüRa kann dabei als Gründungsmitglied des Netzwerkes natürlich nicht fehlen, weshalb wir uns mit einem Vortrags- und Workshop-Panel zum Thema Landraub als Fluchtursache aus unserer ganz spezifischen Perspektive Fragen des Eigentums zuwenden.

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Nach dem historischen Landraub in der Kolonialzeit, bei dem sich koloniale Eliten – häufig gewaltsam – großflächig Ländereien aneigneten, bestehen auch in der heutigen Zeit neokoloniale Strukturen des modernen Landraubs. Firmen, Investmentfonds oder auch staatliche Akteure eignen sich Land in großflächigem Maßstab an, um dieses zu ihrer Anbau- und Nutzfläche zu machen oder die dort vorkommenden Rohstoffe auszubeuten. Hierdurch wird in vielen Fällen die lokale Bevölkerung ihrer Lebensgrundlage beraubt, verdrängt, vertrieben oder umgesiedelt. Betroffen sind in erster Linie Länder des globalen Südens, in denen die einfache Bevölkerung ihres Eigentums beraubt wird. In den hiesigen, wohlfeilen Reden von der "Fluchtursachenbekämpfung" werden diese Zusammenhänge jedoch in aller Regel ausgeblendet und die Verantwortung der vom globalen Norden dominierten kapitalistischen Ökonomie für weltweite Migrations- und Fluchtbewegungen negiert.

Der Augsburger Flüchtlingsrat möchte genau dies in seiner Veranstaltung zum Thema machen. Dabei wird zunächst ein Vortrag von Anne Jung (medico international) in die Thematik einführen, in dem sie sich mit einer der zentralen Fluchtursachen, der kapitalistischen Globalisierung, befassen wird und dabei im Besonderen auf Landgrabbing eingeht. Ein daran anschließender Workshop mit dem Menschenrechtsaktivisten Felleke Bahiru Kum bietet die Möglichkeit, sich mit Blick auf die Vorgänge in Äthiopien vertieft mit dem Sachverhalt auseinanderzusetzen und emanzipatorische Umgangsweisen mit der Problematik zu entwickeln.

In Kooperation mit der Petra Kelly Stiftung.