Pressemitteilung des Augsburger
Flüchtlingsrats vom 28.06.2019
(K)ein Ankerzentrum in Schwaben? -
Protestperformance und neueste politische Entwicklungen
Rückschritt zur Verbesserung
Seit langem ist klar, dass das Ankerzentrum in
Donauwörth zum Jahreswechsel geschlossen wird.
Das viele Spekulieren über einen vermeintlich
neuen Standort des Ankerzentrums, dass keiner haben möchte, hat seit
vergangenem Mittwoch (26.06.2019) ein überraschendes Ende gefunden. Seither
steht fest: Das von Horst Seehofer vorgesehene zentrale Lager für Schwaben,
wird es in seiner ursprünglich angedachten Form nicht mehr geben.
Stattdessen wird in Augsburg ein
Behördenzentrum eingerichtet, worin alle relevanten Ämter und Institutionen
untergebracht werden sollen. Für die Unterbringung der Geflüchteten plant die
Regierung von Schwaben deutlich kleinere Einheiten, die für Augsburg, Neu-Ulm,
Mering und Kempten vorgesehen sind. Damit kehrt man zumindest zu einer Art von
dezentraler Unterbringung zurück, die bisher in Augsburg gute Tradition hatte.
Der Augsburger Flüchtlingsrat begrüßt grundsätzlich diesen Rückschritt weg von
der Massenunterbringung, obgleich in keiner Weise davon auszugehen ist, dass
das Zurückrudern zur Form der dezentralen Verteilung etwas mit einer Einsicht
für eine misslungene und menschenverachtende Abschreckungspolitik zu tun hat.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass der neue Kurs der beharrlichen Ablehnung
der Kommunen, sich als Standort für ein Ankerlager zur Verfügung zu stellen, zu
verdanken ist.
System Anker-Zentrum
Das von Horst Seehofer entworfene System der
Ankerzentren hat nirgends gute Dienste geleistet. Es nützt den Kommunen nicht,
die mit Massenlagern und daraus resultierenden Sicherheitsfragen umgehen
müssen, und es schadet den Menschen, die teils über Jahre der persönlichen
Autonomie und Privatsphäre beraubt werden. Ankerzentren verhindern die
Integration und Teilhabe von Geflohenen, und befeuern Ressentiments und
Vorurteile innerhalb der Gesellschaft. Diese Aspekte des Systems sind weiterhin
in Gesetze gegossen und werden durch neue Gesetze noch verschärft. Trotz der
Unterbringung in kleineren Einheiten, ist bzgl. der Abschottung keinerlei
Verbesserung zu erwarten. Erst kürzlich
hat der Bundestag das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ verabschiedet, das Pro Asyl
und andere Organisationen treffender als Hau-Ab-Gesetz bezeichnen. Darin sind
u.a. menschenunwürdige Regelungen zur Abschiebehaft, die Kürzung von
Sozialleistungen auf Null und eine „Duldung Light“ vorgesehen. Wir betrachten
die neuesten Entwicklungen mit großer Sorge, und befürchten, dass die
Mechanismen der Ausgrenzung von Geflüchteten, insbesondere von Menschen aus so
genannten „sicheren Herkunftsländern“ oder von der Dublin Regelung Betroffene,
in Zukunft mit einer noch härteren Linie, greifen werden.
Wir fordern nach wie vor: Kein Lager!
Nirgends!
Es ist eine gute Nachricht, dass es in
Augsburg kein Massenlager geben wird. Dennoch existieren die Ankerzentren
andernorts weiter. Manching! Bamberg! Regensburg! Deggendorf!
Jedes dieser Ankerzentren ist eines zu viel. Wir
fordern eine menschenwürdige Teilhabe ermöglichende Unterbringung von
Geflüchteten ohne Stacheldraht und Ausgrenzung.
Aus diesem Grund werden wir am heutigen
Freitag, den 28.06.2019 eine Protestperformance durchführen. Damit protestieren
wir nicht nur gegen Massenlager, sondern gegen alle Formen der Ausgrenzung und
Entrechtung der Geflüchteten.