Dienstag, 26. Mai 2020

Offener Brief des 'Arbeitskreis unbegleitete Minderjährige (umF) auf Lesbos'


An die Oberbürgermeisterin, Frau Eva Weber
an die Stadträtinnen und Stadträte
sowie die Augsburger Stadtgesellschaft

Arbeitskreis unbegleitete Minderjährige (umF) auf Lesbos

Wie geht es weiter, Frau Oberbürgermeisterin Weber?
Apell für die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus Lesbos

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Weber,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,


mit einiger Überraschung und großen Erwartungen haben wir Herrn Dr. Gribls Vorhaben zu Kenntnis genommen, dass die Stadt Augsburg mit den beiden anderen deutschen Friedensstädten Münster und Osnabrück ein Friedensstadtbündnis schließen soll, um die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus den Elendslagern Griechenlands zu ermöglichen. 

In seiner letzten Stadtratssitzung im Amt des Oberbürgermeisters hat Herr Dr. Gribl dafür plädiert, die Angelegenheit noch einmal zu verschieben um das Vorhaben eines Friedensstadtbündnisses abschließen zu können, dass nur wegen der Corona-Pandemie verzögert worden war.  Die Aufnahme von 25 Jugendlichen aus Lesbos, wie auch wir es vorgeschlagen haben, wurde damit ebenfalls vertagt. 

Mit der Idee eines Friedensstadtbündnisses wurde ein Weg vorgezeichnet, wie eine selbstbewusste Großstadt für eine humanitäre Aufnahme von Notleidenden eintreten kann. Eingebettet in eine kluge, stadtpolitisch vorangetriebene Strategie für ein Landesaufnahmeprogramm, könnte dieser Zugang auch ein schnelles Reagieren in künftigen Notsituationen erleichtern.

Wir haben Verständnis dafür, dass es Zeit braucht ein Bündnis der Friedensstädte zu schließen. Andererseits, so die schmerzhafte Erkenntnis, ist jeder Tag, den Menschen in diesen Lagern ausharren müssen, ein verlorener Tag und noch dazu ein schwarzer Tag für die Kinderrechte.
Nun ist der neue Stadtrat zusammengetreten und mit Ihnen, Frau Weber, eine neue Oberbürgermeisterin im Amt, weshalb wir sie gerne fragen würden: „Wie geht es weiter, Frau Oberbürgermeisterin Weber?“.  

Die Lage der Menschen in Moria und an anderen Orten Griechenlands ist bekannt, eine Lösung dennoch nicht in Sicht, wenngleich sie technisch umsetzbar, politisch realisierbar und finanziell möglich ist. 25 Jugendliche nach Augsburg zu holen, zusätzlich zu den bereits nach Deutschland eingereisten 47, wäre ein wichtiger humanitärer Schritt und ein deutliches Signal für eine zügige Verbesserung für die Lager in Griechenland. 

Wir erneuern daher unseren Apell an die Stadtregierung und alle Mitglieder des neu zusammengesetzten Stadtrats: Machen Sie die rasche Aufnahme der ersten 25 Jugendlichen aus den Elendslagern Griechenlands möglich und beauftragen sie die Erstellung eines nachhaltigen Konzepts der Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Setzen Sie sich mit allen zur Verfügung stehenden Mittel für ein Landesaufnahmeprogramm ein.  Wir haben in Augsburg den Platz und die Expertise, um diesen zwingenden Akt der Humanität zu leisten.

Wir, die wir Ihnen hier schreiben, vertreten einen großen Teil der Zivilgesellschaft, der dieses Anliegen unterstützt. Wir wollen dabei nicht nur fordern, sondern mit den Verantwortlichen der Stadt Augsburg zusammen die beschützende Friedensstadt ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen

AK Lesbos


Dr. med. Maria Möller, Ärztin, Medizinischer Einsatz auf Lesbos in 2019
Corinna Höckesfeld, Tür an Tür-Integrationsprojekte gGmbH
Gabriele Opas, Freiwilligen-Zentrum Augsburg, Patenschaften für umA ́s
Maria Brandenstein, Praxis Begabungsmanagement, Resilienz und Soziokratie
Dr. med. Elisabeth Friedrichs, Ärztin
Matthias Schopf-Emrich, Vorstand Tür an Tür e.V.
Annalena Nietsch,Studentin
Carsten Unger, Kinder-, Jugend-und Familienhilfe Hochzoll
Simon Oschwald, Einrichtungsleitung Migration, Diakonie Augsburg 
Lilli Martel, Migrationsberatung im Caritasverband und Mitglied im Integrationsbeirat (Ausschuss für Soziales, Asyl, Gesundheit und Recht)