Samstag, 12. September 2020

Pressemitteilung zur Kundgebung "Evakuiert Moria – Wir haben Platz" - 12.09.2020

Pressemitteilung des AK Lesbos und des Augsburger Flüchtlingsrates zur Kundgebung

Evakuiert Moria – Wir haben Platz, am 12. September 2020

 

Desaster mit Ansage – Europäische Zahlenspiele blockieren Nothilfe

Bei schönstem Wetter kamen mehrere Hundert Teilnehmer*innen zur kurzfristig anberaumten Kundgebung des AK Lesbos und des Augsburger Flüchtlingsrates, um auf die unhaltbaren Zustände auf der griechischen Insel Lesbos nach dem Brand des Elendslagers in Moria  aufmerksam zu machen und sofortige Nothilfe einzufordern.

Den Aufruf zur Kundgebung hatten in kürzester Zeit rund 25 zivilgesellschaftliche Organisationen und Gruppen unterzeichnet. Ähnlich vielfältig waren auch die Redebeiträge, die u.a. vom Augsburger Flüchtlingsrat, von zwei Stadträt*innen, vom Integrationsbeirat, von der GEW, vom Frauenstreik Augsburg, von Open Afro Aux und vom Bert-Brecht-Kreis kamen.

Deutsche Städte und Gemeinden, so der Tenor der Kundgebung, haben schnell Hilfe angeboten und ihre Aufnahmebereitschaft kundgetan. Darunter auch die Stadt Augsburg. Zugleich laufe selbst die Katastrophenhilfe viel zu langsam an. Tausende sind nach wie vor obdachlos, verharren ohne Nahrungsmittel, ohne Zelte und Decken auf der griechischen Insel und werden von den griechischen Sicherheitsbehörden am Weiterziehen gehindert.

Maria Möller, als Ärztin für die Medical Volunteers International e.V.  vor einigen Monaten noch im Lager Moria tätig, beschreibt die Lage seit jeher als untragbar: „Man hätte viel früher schon helfen müssen. Die Menschen im Lager sind unterernährt, psychisch destabilisiert und ohne Perspektive. Jetzt kam noch Corona hinzu. Das war eine Desaster mit Ansage.“

Selbst die jetzt von Innenminister Seehofer großspurig angekündigte Aufnahme von 100 bis 150 Minderjährigen nach Deutschland zeigt nur noch einmal, wie menschenfeindlich die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik in Bezug auf die Elendslager an den europäischen Außengrenzen inzwischen geworden ist. Die Aufnahme von 400 Personen aus Griechenland in die Länder der Europäischen Union sind ein Armutszeugnis und nur geheuchelte europäische Solidarität.

Kommunale Aufnahme ermöglichen – Blockadehaltung muss enden!

„Europäische Länder feilschen um die Aufnahme weniger Hilfebedürftiger nach einer Brandkatastrophe. Das ist unwürdig. Es bedarf einer schnellen Katastrophenhilfe, der sofortigen Evakuierung aller Menschen aus dem Elendslager und ein Ende der Blockadehaltung zur kommunalen Flüchtlingsaufnahme“, so Corinna Höckesfeld vom AK Lesbos.

Viele Redebeiträge betonten den Willen der Stadt Augsburg zur Aufnahme, wenn es das Bundesinnenministerium denn zulassen würde. Stefan Wagner, Stadtrat der Grünen, hofft auf eine Bewegung, die dazu beiträgt, Druck auf das Bundesinnenministerium auszuüben, damit dieses schließlich seine Blockadehaltung aufgibt. „Wir haben uns mit dem Augsburger Dreiklang verpflichtet, über die gesetzlich vorgeschriebenen Aufnahmekapazitäten Geflüchtete aufzunehmen“.

Christine Wilhom, Stadträtin der Linken, kritisierte aber in einem Statement: „Es mag schön sein, wie er formuliert ist, aber ich merke vom Augsburger Dreiklang noch nichts.“ Sie mahnte an, dass man sich vehement dafür einsetzen müsste, dass sich Augsburg dem Bündnis sicherer Hafenstädte anschließt.

Die Voraussetzungen zur Aufnahme sind geschaffen. „Augsburg hat das Wissen, die Kenntnisse und engagierte Freiwillige für die Flüchtlingsaufnahme“, so Gabriele Opas vom Freiwilligenzentrum.

Wir müssen jetzt Bündnisse schließen mit Organisationen aller Couleur , die Flüchtlingsaufnahme unterstützen und dabei müssen wir auch die Europäische Ebene stärker in den Blick nehmen“, empfiehlt Matthias Schopf-Emrich,  Vorstand von Tür an Tür e.V.

Simon Goebel brachte es in einem Redebeitrag für den Augsburger Flüchtlingsrat auf den Punkt: „Wir müssen dem Mantra widersprechen, dass sich 2015 nicht wiederholen darf. Wenn Menschen Schutz suchen, muss sich natürlich die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung wiederholen!  Natürlich muss sich die Aufnahme von Schutzsuchenden wiederholen!“