Freitag, 8. März 2019

Redebeitrag von Women in Exile zur Kundgebung am Weltfrauentag 2019


Rede von Women in Exile 08.03.2019 – Flüchtlingsfrauen*-Streik
(English version below)


Wir, Women in Exile streiken heute.

Wir sind “gleich, gleich aber unterschiedlich. - Sind wir Feministinnen?”

Die meisten von uns kämpfen schon ihr Leben lang aufgrund unserer patriarchalen
kulturellen und religiösen Hintergründe, die uns, unseren Körpern und Geist Gewalt
aufdrängen.
Wir arbeiteten doppelt so hart wie unsere männlichen Geschwister doch unsere Bemühungen wurden immer noch nicht als gut genug angesehen. Gleichzeitig mussten wir Dinge wie FGM, sexuelle Belästigung und Übergriffe, sowie Gewalt von unseren Familien oder Ehemännern aushalten. Wir kämpften gegen den Hang zu Diskriminierung innerhalb unserer Familien und in der Gesellschaft, sodass wir gleichberechtigte Möglichkeiten bekommen unser Leben zu gestalten. Wir kämpften verschiedene soziale und politische Kämpfe um unsere Würde als Frauen aufrecht zu erhalten.
Wir waren nicht froh oder zufrieden über das wenige was wir hatten, deshalb haben

wir uns entschieden für unsere Rechte zu kämpfen.

Diese Kämpfe und Anstrengungen in unseren Herkunftsländern hatten Folgen, die uns
dazu brachten das Land zu verlassen und eine gefährliche Reise anzutreten. Eine Reise
auf deren Weg manche ihr Leben verloren, während andere vergewaltigt und versklavt
wurden.
Die meisten, die diese Reise überstanden leben mit Traumata und Albträumen.
Wir werden dazu gezwungen in beengten, isolierten Gemeinschaftsunterkünften zu leben,
denen es an Privatsphäre mangelt und in denen wir alltäglich sexualisierte Angriffe und
Ausbeutung erleben.
Institutioneller Rassismus und Racial Profiling der Polizei sowie Abschiebungen sind eine
tägliche Routine für all die, die nicht unter die Kategorie derer fallen, die “Asyrecht
verdienen” und diese diskriminierenden und rassistischen Politiken hallen auch in Teilen
der Gesellschaft wider.

Als Frauen* und Flüchtlinge sind wir in einer besonders sensiblen Sitaution wenn wir
migrieren. Oft werden wir Opfer von Handel, Prostitution, sexueller Gewalt und hier in
Deutschland sind wir doppelt Opfer von Diskriminierung: als Asylsuchende werden wir
durch rassistische Asyl-Gesetze ausgegrenzt und ebenso als Frauen* diskriminiert.
Diese uns betreffenden Asylgesetze verschärfen sich täglich – von der Wiedereinführung
der Residenzpflicht, Gutscheinen, etc. zu neuen Massenunterkünften wie den Anker-
Zentren und neuen repressiven Polizei-Gesetzen, bis hin zu dem aktuellen sogenannten
"Geordnete-Rückkehr-Gesetz” einem Entwurf, erneut von Seehofer, der u.a. schnelle
Abschiebungen und die Kriminalisierung von Unterstützer*innen und der Zivilgesellschaft
vorsieht. Wir fragen uns, was wird Herr Seehofer und diese Regierung demnächst noch
alles für uns kochen?

Wir sind heute am 8. März, dem Internationalen Frauen*kampftag hier, um global an die
historischen, kulturellen und politischen Errungenschaften von Frauen* zu erinnern. Wir
feiern 100 Jahre Frauen*kämpfe, denn wir sind die Mütter, wir sind die, die sich um die
Familie kümmern, die im Haushalt arbeiten, die Babysitter*innen, die Reinigungskräfte.
Wir Flüchtlingsfrauen*, wir sind Lehrer*innen, Krankenpfleger*innen, Geschäftsfrauen*,
Ingenieur*innen, aber dies und alle anderen Fähigkeiten werden nicht berücksicht, da wir
von der Gesellschaf isoliert und diskriminiert werden.
In diesem Jahr 2019 folgen wir dem Ruf des globalen Frauen*streiks und wir kommen
vereint, um gemeinsam die Arbeit von Frauen* in allen Bereichen des Lebens sichtbar zu
machen, innerhalb und außerhalb des Hauses, in urbanen und ländlichen Regionen,
bezahlt oder unbezahlt, unabhängig von unseren Hautfarben und unseren Herkünften.
Jetzt ist die Zeit um einen Feminismus aufzubauen, der inklusiv und intersektional ist.
Einen Feminismus, der allen Frauen* zuhört und rassistische, sexistische und
diskriminierende Strukturen beendet.

Wir können nicht erfolgreich sein, wenn ein Teil von uns zurückgehalten wird. Wir werden
weiterhin rassistische Gesetze sowie die Existenz von Lagern und die Abschiebepolitik
verurteilen. Wir werden nicht aufhören Grenzen aufzubrechen, indem wir ein Bewusstsein
für Kolonialismus schaffen und dafür, dass es nicht ignoriert werden darf, dass wir ein
Recht auf Frieden, soziale Inklusion und geteilten Wohlstand haben.
Unser Ziel ist es Geflüchteten, die sich als Frauen* definieren zu ermächtigen für ihre
Rechte als Frauen*, die in dieser Gesellschaft leben einzutreten. Und wir erwarten von
nicht geflüchteten Frauen* Solidarität um die Diskriminierungen, Missbrauch und Gewalt
anzuprangern.

Es ist Zeit, dass wir unsere Kämpfe als gleich, gleich aber unterschiedlich ansehen.
Wir, Flüchtlingsfrauen* repräsentieren die Kräfte der Veränderung und zusammen mit der
Zivilgesellschaft werden wir den Lauf der Geschichte verändern.
Wir sind Frauen*, die in dieser Gesellschaft leben und ebenso ein Teil des Kampfes für
eine gerechte, inklusive Gesellschaft sind .
In diesem Sinne möchten wir zum Abschluss eine Aktivistin zitieren:
“Die Geschichte der Frauen-Kämpfe gehört keiner einzelnen Feministin oder Organisation
an, sondern ist ein kollektives Bemühen all derer, denen Menschenrechte wichtig sind.”

Heute streiken wir und legen all unsere unterschiedlichen Arbeiten nieder, um den

Internationalen Frauentag 2019 zu unserem Tag zu machen!

Wir tun das, was wir tun können, um wirklich eine positive Veränderung für alle

Frauen zu bewirken!

Frauenrechte sind Menschenrechte!

Flüchtlingsrechte sind Menschenrechte!

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Speech from Women in Exile 08.03.2019 - Refugee Women* Strike 2019


We, Women in Exile are on strike today.

We are Same, same but different. -“Are we feminists”?

Most of us have been fighting all our lives because of our patriarchal cultural and religious
backgrounds which impose violence on us, our bodies and minds. We worked twice as
hard as our male siblings but still our efforts were not considered to be good enough. At
the same time we had to persevere things like FGM, sexual harassment and violence from
family and spouses. We fought tendencies of discrimination in our families and in the
society to be given equal opportunities in life. We fought different social and political
battles to maintain our dignities as women.
We were not happy or satisfied with the little we had, so we decided to fight for our

rights.
These struggles and fights in our countries of origin had consequences which made us
leave and undertake dangerous journeys. Journeys in which some lost their lives while
others got raped and enslaved on the way; most of those who managed to make these
journeys are living in trauma and nightmares. We are forced to live in crowded, isolated,
collective homes which lack privacy and on a daily basis experience sexual assault and
exploitation.
Institutional racism and racial profiling from the police and Deportation is the order of the
day for those who do not fit in the category “to deserve” asylum, showing the discriminative
and racist policies which are also echoed and taken as gospel by part of the society. As
women and refugees we are in a particularly sensible situation when migrating. Often we
become victims of trafficking, prostitution, sexual violence. In Germany we are double
victims and discriminated against not only by racist refugee laws but also as women. The
refugee laws are changing daily from bad to worse – from the backlash of Residenzpflicht,
vouchers and new mass accommodations in the Anker centers and new repressive police
laws and now another Seehofer draft called "Geordnete-Rückkehr-Gesetz” on quick
deportations and criminalization of supporters and civil society. We wonder, what is
Seehofer and this government cooking for us next?
We are here today, on 8th March the International Women’s Day, remembering the
historical, cultural, and political achievements of women. We celebrate 100 years of
women fights because we are the mothers, we are the family caretakers, domestic
workers, babysitters, cleaners. We refugee women we are teachers, nurses, business
women, engineers, etc. This and all other talents are not put into consideration because we are isolated and discriminated.

In this year 2019 we join the global call for a women* strike because we come united to
make visible women* work in all aspects of life, inside and outside the house, in urban
and rural areas, paid or unpaid no matter the color of our skin or our origins.
It is time to build a feminism which is inclusive and inter-sectional, a feminism that listens
to all women* and ends racist, sexist and discriminatory structures. Through experience, we are
aware that fighting battles with women* is difficult because the society and the women*
themselves think that women* are or should be happy with the little they have.
We cannot succeed if part of us are held back as refugee women* and we will continue
denouncing racist’s laws, the existence of lagers and deportation policies. We will continue
breaking borders by bringing awareness about colonialism and how it cannot be ignored
since we have the right to peace, social inclusion and shared prosperity
Our aim is to enable refugees who identifying themselves as women* to stand up for their
rights as women* living in this society. And we expect from non-refugee women* an open minded
solidarity in denouncing discrimination, racism, sexism and violence. It is time to look at
our fights as same, same but different. We, refugee women*, will join the civil society and
be part of the fight to change the course of history. We are women* living in this society

and part of the fight for a fair inclusive society.
To quote one feminist activist "The story of women's struggle for equality belongs to no
single feminist nor to any one organisation but to the collective efforts of all who care about
human rights."
Today we strike from all kinds of work and make the 2019 International Women`s

day our day and do what we can do to truly make a positive difference for all

women.


Women Rights! Human Rights!

Refugee Rights! Human Rights!