Dienstag, 20. Dezember 2016

Wir sind Pouya - Offener Brief des Augsburger Flüchtlingsrats an Innenminister Joachim Herrmann



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Sehr geehrter Herr Innenminister Herrmann,


über tausend Menschen sind am vergangenen Samstag, den 17.12.2016, in mehreren bayerischen Städten auf die Straße gegangen, um gegen die durchgeführten und geplanten Abschiebungen nach Afghanistan zu protestieren. Allein in Augsburg kamen über 600 Menschen mit diesem Ziel zusammen. Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Wir werden nicht einfach hinnehmen, dass vor Krieg und Perspektivlosigkeit geflohene Menschen zur Rückreise gezwungen werden.

Wir fordern Sie im Namen des Augsburger Flüchtlingsrats dazu auf, jeden Einzelfall zu betrachten und den hunderten bedrohten AfghanInnen ein Gesicht zu geben. In dieser Diskussion zählen Einzelfälle und die individuellen Geschichten der gefährdeten Menschen.

Herr Ahmad Shakbi Pouya ist einer dieser gefährdeten Menschen: Als Arzthelfer für die französische Organisation „Humaniterra“ geriet er ins Visier der Taliban. Nachdem eine Bombe in seiner Wohnung explodierte, die seinem Vater das Leben raubte, flüchtete er nach Deutschland. Trotz schwierigster Bedingungen bringt er sich in Deutschland ein, betätigt sich als Musiker und Schauspieler und engagiert sich unermüdlich für andere Geflüchtete. Am 14. Dezember sollte er abgeschoben werden; nur durch Glück war er nicht zuhause. Jetzt soll er bis zum 22. Dezember „freiwillig“ ausreisen.

Herr Pouya ist einer von hunderten bedrohten Menschen, denen unsere Solidarität gilt. Gleichzeitig stellt er eine herausragende und bewundernswerte Persönlichkeit dar und wurde wegen seines künstlerischen und ehrenamtlichen Engagements in die Härtefallkommission des Bayrischen Landtages aufgenommen. Bislang galt ein „Gentlemen's Agreement“, welches besagt, dass Menschen im Prozess der Härtefallkommission weder abgeschoben werden können noch ausreisen müssen. Diese Vereinbarung wird im Falle von Herrn Pouya missachtet und es handelt sich um eine Unverschämtheit, dass Herr Pouya als erster Asylbewerber entgegen dieser Vereinbarung zur Ausreise bis zum 22. Dezember gezwungen wird. Das ist ein unmenschlicher Vorgang!

Wir fordern Sie im Namen Herrn Pouyas und aller anderen prekarisierten und gefährdeten AsylbewerberInnen dazu auf, besagtes „Gentlemen's Agreement“ zu respektieren. Menschen, welche in die Härtefallkommissionen aufgenommen wurden, dürfen nicht zur Ausreise gezwungen werden.

Zudem fordern wir einen sofortigen Stopp aller Abschiebungen und Ausreisezwängen nach Afghanistan. Afghanistan ist nicht sicher, weder für Herrn Pouya, noch für alle anderen!


Mit freundlichen Grüßen

Der Augsburger Flüchtlingsrat