Sehr geehrter Herr
Innenminister Herrmann,
über tausend Menschen sind
am vergangenen Samstag, den 17.12.2016, in mehreren bayerischen Städten auf die
Straße gegangen, um gegen die durchgeführten und geplanten Abschiebungen nach
Afghanistan zu protestieren. Allein in Augsburg kamen über 600 Menschen mit
diesem Ziel zusammen. Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Wir werden
nicht einfach hinnehmen, dass vor Krieg und Perspektivlosigkeit geflohene
Menschen zur Rückreise gezwungen werden.
Wir fordern Sie im Namen
des Augsburger Flüchtlingsrats dazu auf, jeden Einzelfall zu betrachten und den
hunderten bedrohten AfghanInnen ein Gesicht zu geben. In dieser Diskussion
zählen Einzelfälle und die individuellen Geschichten der gefährdeten Menschen.
Herr Ahmad Shakbi Pouya
ist einer dieser gefährdeten Menschen: Als Arzthelfer für die französische
Organisation „Humaniterra“ geriet er ins Visier der Taliban. Nachdem eine Bombe
in seiner Wohnung explodierte, die seinem Vater das Leben raubte, flüchtete er
nach Deutschland. Trotz schwierigster Bedingungen bringt er sich in Deutschland
ein, betätigt sich als Musiker und Schauspieler und engagiert sich unermüdlich
für andere Geflüchtete. Am 14. Dezember sollte er abgeschoben werden; nur durch
Glück war er nicht zuhause. Jetzt soll er bis zum 22. Dezember „freiwillig“ ausreisen.
Herr Pouya ist einer von
hunderten bedrohten Menschen, denen unsere Solidarität gilt. Gleichzeitig
stellt er eine herausragende und bewundernswerte Persönlichkeit dar und wurde
wegen seines künstlerischen und ehrenamtlichen Engagements in die Härtefallkommission
des Bayrischen Landtages aufgenommen. Bislang galt ein „Gentlemen's Agreement“,
welches besagt, dass Menschen im Prozess der Härtefallkommission weder
abgeschoben werden können noch ausreisen müssen. Diese Vereinbarung wird im
Falle von Herrn Pouya missachtet und es handelt sich um eine Unverschämtheit,
dass Herr Pouya als erster Asylbewerber entgegen dieser Vereinbarung zur
Ausreise bis zum 22. Dezember gezwungen wird. Das ist ein unmenschlicher
Vorgang!
Wir fordern Sie im Namen
Herrn Pouyas und aller anderen prekarisierten und gefährdeten AsylbewerberInnen
dazu auf, besagtes „Gentlemen's Agreement“ zu respektieren. Menschen, welche in
die Härtefallkommissionen aufgenommen wurden, dürfen nicht zur Ausreise
gezwungen werden.
Zudem fordern wir einen
sofortigen Stopp aller Abschiebungen und Ausreisezwängen nach Afghanistan.
Afghanistan ist nicht sicher, weder für Herrn Pouya, noch für alle anderen!
Der Augsburger Flüchtlingsrat