Augsburger Flüchtlingsrat, 7.11.2018
Demonstration Amtsgericht Augsburg btr.
Ankerzentren/Donauwörth
Redebeitrag von Franz Dobler
ANKER GEGEN ASYL
Seit 2015 hat sich Bayern und seine Regierung
stark damit beschäftigt, einen zunehmenden Rechtsruck in Deutschland zu
unterstützen. Oft genug war die rechte Seite der CSU nicht mehr von der AfD zu
unterscheiden. Mit Begriffen wie „Asyltourismus“ oder der Behauptung, Migration
wäre „die Mutter aller Probleme“ in Deutschland, erreichten die
christlich-sozialen Anführer ein besonders mieses Niveau.
Auch diese so genannten Anker-Zentren (miT
ihrer vertuschenden Abkürzung für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“), diese
Lager für Geflüchtete, denen man keinen Rettungsanker gewähren will, sind eine
Idee dieser CSU-Christen – eine Idee, die genausogut aus der rechtsextremen AfD
stammen könnte. Eine eiskalte bürokratische Idee, auf die nur jemand kommen
kann, der mit Begriffen wie Humanität, Menschenwürde oder Asylrecht keine
Inhalte mehr verbindet.
Diese Flüchtlings-Lager sind inzwischen (neben
den rigoros-brutalen Abschiebungen nach Afghanistan) das stärkste Symbol dafür,
dass das Grundrecht auf Asyl, das aufgrund der Erfahrungen der Nazi-Zeit eine
große Bedeutung bekam, in Deutschland nicht mehr viel Wert hat, ebenso wie die
Genfer Flüchtlingskonvention.
Ausgerechnet das reiche Deutschland, das auf
unterschiedliche Arten in Fluchtursachen massiv verstrickt ist, fühlt sich
diesen humanitären Errungenschaften immer noch weniger verpflichtet – aber das
Maul immer ganz weit aufreißen und sich großartig vorkommen (darf ich mit Blick
auf meine griechischen Freunde hinzufügen).
Diese Lager sind sozusagen die Bulldozer, mit
denen die durchaus asyl-freundlichen Bilder des Jahres 2015 zurück- und
weggeschoben wurden, um die rassistische Hysterie der angeblich so „besorgten
Bürger“ einzudämmen (auch so eine irre Idee). Die Lager dienen vor allem dazu,
den Prozess der Nicht-Anerkennung und Abschiebung zu vereinfachen und die Mauer
um Europa weiter zu verstärken und um Abschreckung zu verbreiten.
Der Jurist und Journalist Heribert Prantl
schrieb dazu in der Süddeutschen Zeitung: „Der inhaltlichen Prüfung jedes
Asylantrags soll ein Zulässigkeitsverfahren vorgeschaltet werden, in dem dann
in der Regel festgestellt wird, dass der Flüchtling überhaupt keinen Asylantrag
stellen darf. Es soll immer dann auf 'unzulässig' erkannt werden, wenn es
irgendeinen Staat in Heimatnähe des Flüchtlings gibt, der hierzulande als für
diesen Flüchtling sicher gehalten wird. In diesen 'Drittstaat' soll er
verbracht werden. Eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags gibt es dann
nicht mehr (...) Deutschland übernimmt die
Führungsrolle bei der Durchsetzung dieser Zurückweisungspolitik.“
Auf die Problematik dieser Massenlager wurde
von Anfang an hingewiesen, nicht nur von Helferkreisen und Flüchtlingsräten,
sondern auch von den tatsächlich christlichen Teilen der CSU und von anderen
Bundesländern. Aber wie so oft geht Bayern auch in Sachen Ankerzentren
besonders scharf voran. Das zeigen auch die Vorfälle der letzten Monate, eine
Anhäufung von überzogenen und dubiosen Maßnahmen, wie im Fall Donauwörth, um
den es heute hier am Amtsgericht Augsburg geht. (* Anm. s. unten)
Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat
brachte es auf den Punkt: „Massenlager und AnkER-Zentren scheinen sich immer
mehr zu einem rechtsfreien Raum zu entwickeln, in dem Sicherheitskräfte walten
können wie sie wollen und die Polizei in die Privatsphäre der Bewohner*innen
eindringt und wahllos Menschen inhaftiert“. Bayern geht Richtung rechts voran,
was Einschüchterung und Verhinderung von
Integration und Gewährleistung von humanen Bedingungen betrifft.
Wer die Hoffnung hatte, nach den Wahlen in
Bayern würde sich in Sachen Asylpolitik irgendwas zum Besseren verändern,
konnte diese Hoffnung jetzt begraben. Die Koalitionsvereinbarungen von CSU und
Freien Wählern stehen für Repression, Lagerunterbringung, maximale
Reglementierung. Parole: Macht es Geflüchteten so schwer wie möglich. Diese
Freien Wähler sind nur eine neue
Abteilung der CSU und das bedeutet die Fortsetzung einer
menschenfeindlichen Asylpolitik.
Der Augsburger Oberbürgermeister gehört zur
CSU-Abteilung, die behauptet und glaubt, mit diesen Massenlagern auf
christliche Weise ihre Heimat zu schützen – der Augsburger Flüchtlingsrat hält
sich lieber an das Grundgesetz und sein Grundrecht auf Asyl: und fordert
deshalb die sofortige Schließung aller Ankerzentren genannten Massenlager.
(*) Am 14. März 2018 sollte ein Asylbewerber
aus der Unterkunft zur Abschiebung abgeholt werden. Nach Protesten kam es zu
einem massiven Polizeieinsatz. 27 Asylbewerber wurden wegen Beleidigung,
Widerstands, Landfriedensbruchs u.a. zu Geldstrafen verurteilt. Zwei von ihnen
erhoben Einspruch gegen die Strafbefehle über 800.- bzw. 900.- Euro. Ihre
Einsprüche wurden am 7.11. am Amtsgericht Augsburg abgelehnt, die
ursprünglichen Strafbefehle bestätigt.